60 Jahre YCS

1954 bis 2014 - 60 Jahre Yacht Club Strande

"Es war einmal" - so beginnen für gewöhnlich Märchen, die Geschichten aus längst vergangenen Zeiten erzählen. Unsere Geschichte nimmt ihren Anfang in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts und spielt in dem Fischerdorf Strande.
 
Sein 1939 mit großen Hoffnungen eröffneter Hafen war nach dem Ende des 2.Weltkriegs schwer beschädigt. Erst zu Beginn der 50er Jahre gelang es mit bescheidenen Mitteln, die Anlagen soweit in Stand zu setzen, dass sowohl Fischkutter als auch Sportboote einen sicheren Liegeplatz finden konnten. Der Segelsport in Kiel und Umgebung blühte auf, die Kieler Woche wurde wieder zum Mittelpunkt segelsportlicher Ereignisse. Der Hafen Strande entwickelte sich zunehmend zum beliebten Ziel der Segler aus Nah und Fern mit der Folge, dass an Sommerwochenenden der kleine Hafen überfüllt war und die wenigen einheimischen Segler kaum Platz für ihre Boote finden konnten. Es bestand die Gefahr, dass sie von anderen verdrängt werden könnten, wenn nicht gehandelt würde. Wie der erste Chronist unseres Vereins, Wolfgang Heberlein, berichtet, sei es wohl das Verdienst von Walter Murmann gewesen, dem Inhaber der damaligen Firma "Wilhelm Poppe GmbH" in Friedrichsort, diese Gefahr erkannt und den Schluss gezogen zu haben, dass ihr durch die Gründung einer Segelvereinigung in Strande begegnet werden müsste (Wolfgang Heberlein, 25 Jahre Yacht Club Strande 1954-1979, in: Die Chronik, 50 Jahre Yacht Club Strande, 2004, S.21, im folgenden "Die Chronik").
 
Am 25. Februar 1954 finden sich 12 Segler in Puls Hotel in Strande (gelegen am Standort des heutigen Strandhotels) zusammen. Das Protokoll dieser denkwürdigen Versammlung hat folgenden Wortlaut (aus: Die Chronik, S.22):
 
"Um 20 Uhr wurde die mit 12 Personen besetzte Versammlung durch Herrn Paul Scharstein eröffnet. In seiner Ansprache führte Herr Scharstein u.a. aus, dass in der Saison durch die äußerst knappe Platzzustellung für die Segler oft Schwierigkeiten dadurch entstehen, dass die Liegeplätze durch fremde Boote besetzt sind. Um diesem Übelstand abzuhelfen, haben sich die Herren Bootseigentümer dazu entschlossen, einen eigenen Yachtclub zu gründen. Die Gründung war Gegenstand der zum 25. Februar 1954 einberufenen Versammlung. Nach allgemeinen Erörterungen wurden folgende Personen in den engeren Vorstand gewählt:
 
1. Vorsitzender:   Herr Wilhelm Sturm, Betriebsleiter der Firma W. Poppe, Kiel-Pries
 
2. Vorsitzender:   Herr Hans Tietze, Prokurist der Firma W. Poppe
 
Kassierer und Schriftwart:   Herr Hans-Jürgen Gatow, Angestellter der Kieler Plastic GmbH, Kiel-Pries
 
Takelmeister:   Herr Paul Scharstein, Mitinhaber der Werft gleichen Namens, Strande
 
Die Gewählten haben die Wahl angenommen. Alsdann folgte der Vorschlag, das Ansegeln auf Himmelfahrt zu legen. Die Clubkasse wurde mit 3,50 DM eröffnet. Als Vereinslokal wurde Puls-Gasthof mit Einverständnis des Wirtes, Herrn Kähler, festgelegt. Der Entwurf des Clubstanders wurde ebenfalls diskutiert und seine endgültige Form und Art festgelegt, und zwar besteht er aus den Farben blau-weiß-rot, wobei weiß einen Rhombus bildet, der mit drei goldenen Sternen besetzt ist. Bestellung soll bei der Bonner Fahnenfabrik erfolgen. Ebenfalls ist die Beschaffung der Mützenabzeichen beschlossen worden.
 
Strande, den 25. Februar 1954,
Gatow, Schriftwart"
  
Sicherlich hat sich für den jungen Verein und insbesondere für die Bootseigner als Vorteil erwiesen, dass Paul Scharstein zu den Gründungsmitgliedern gehörte und er zum Takelmeister gewählt wurde. Von ihm als Hafenmeister hing ja maßgeblich die Vergabe der Liegeplätze ab, überdies verfügte er über gute Beziehungen zu allen wesentlichen Behörden, insbesondere zu der Hafenverwaltung der Stadt Kiel.
  
Wer nun mit Blick auf den wesentlichen Anlass zur Gründung des Yacht Club Strande glaubt, es habe sich damals um eine größere Anzahl von Booten gehandelt, die unter dem Vereinsstander segeln würden, dürfte sich wundern: Nur etwa fünf Schiffe zählte die Clubflotte - darunter die "Swantewit" von Wilhelm Sturm, der Fischkutter von Friedrich Sellmer, der "Seebär" von Werner Sieg und die 11,5 m lange Ketsch "Uca" von Walter Murmann. Auch die Entwicklung der Zahl der Mitglieder ist in den 50er Jahren bescheiden geblieben: Die Zahl der Anwesenden bei den Jahreshauptversammlungen lag meist weit unter 20, erreichte 1958 23 Personen und lag noch 1960 bei gerade einmal 28 Mitgliedern (Die Chronik, S.23).
 
Märchen können trotz aller Wirren einen glücklichen Ausgang nehmen: Schließlich kann der Yacht Club Strande 2014 seinen 60. Geburtstag feiern. Das in Notzeiten geborene Kind ist erwachsen und im Hafen Strande auf eigenem Grund und unter eigenem Dach heimisch geworden.
 
Peter Hübner
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